Umwandlung und Eigenbedarf
Der Wohnungsmarkt liefert den Anreiz und immer mehr Mieter/innen befürchten eine Eigenbedarfskündigung
Artikel aus dem MieterEcho 405 /September 2019 von Hermann Werle
Große Immobilienkonzerne bestimmen mit ihren Geschäftspraktiken die Schlagzeilen. Zu Recht werden diese regelmäßig unter die Lupe genommen und scharf kritisiert. Jenseits des Rampenlichts agieren kleinere Wohnungsvermieter häufig unter dem Radar der öffentlichen Aufmerksamkeit, wobei deren Tun ebenso existenzielle Sorgen bereiten kann.
Zu den kleineren Vermietern gehören der Rechtsanwalt und CDU-Politiker Ernst Brenning, seine Frau Marion und deren Kinder. In die Schlagzeilen schafften es die Brennings unter anderem durch einen Neubau in der Kollwitzstraße 42. Der war 2009 zwar zunächst genehmigt worden, sollte nach jahrelangem Rechtsstreit und einem Urteil des Verwaltungsgerichts von 2016 aber wieder abgerissen werden. Im Frühjahr 2014 sorgte der Name Brenning durch die von massivem Gegenprotest begleitete Zwangsräumung einer fünfköpfigen Familie in der Reichenberger Straße 73 in Kreuzberg für Empörung. Schon 2010 waren in dem Haus mehrere Wohnungen mit der Begründung des Eigenbedarfs gekündigt worden und die Zwangsräumung stellte den vorläufigen Höhepunkt der Auseinandersetzungen mit dem Vermieter dar. Im Juli 2018 erhielt nun eine weitere Mietpartei eine Eigenbedarfskündigung und anschließende Räumungsklage, die Ende Oktober vor dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg verhandelt wird. Fragwürdig erscheint der Eigenbedarf der Familie Brenning angesichts der Erfahrungen der vergangenen Jahre. Nach Auskunft der Nachbarschaft haben in den bislang freigewordenen Wohnungen keine Familienangehörigen der Brennings dauerhaft gewohnt, wo es doch Möglichkeiten zur Genüge gegeben hätte.Überzeugend erscheint der Eigenbedarf auch nicht vor dem Hintergrund, dass der Familie Brenning laut Recherchen von Mieter/innen beim Grundbuchamt rund 30 Immobilien und Baugrundstücke allein in Berlin gehören. Es wäre doch sehr verwunderlich, wenn sich da nicht ab und an eine angemessene leerstehende Wohnung finden ließe. Und auch die vielfältigen geschäftlichen Tätigkeiten der Familienmitglieder deuten darauf hin, dass eher ein Mangel an Büro- als an Wohnfläche bestehen könnte. In der Hünefeldzeile 2 in Steglitz, wo sich der Sitz der Kanzlei von Ernst Brenning befindet, hatten und haben in den letzten Jahren eine Vielzahl von Unternehmen ihren Sitz, viele davon mit unmittelbarer Nähe zur Immobilienwirtschaft. So findet sich dort die Hausverwaltung Marion Brenning, die Blütenhof GmbH der Tochter, die CSE Distribution GmbH sowie die CSE Sales AG der Söhne Brennings Carl-Philipp und Johann-Christian. Letztere leiten zudem die ebenfalls zum Baugewerbe gehörende CSE Construction GmbH. Ginge es also um den Eigenbedarf an Büroflächen, wären etwaige Kündigungen zumindest nachvollziehbar, wenn auch rechtlich nicht haltbar.
Marktanreize
Eigenbedarfskündigungen haben sich zu einem der Hauptvehikel der Verdrängung entwickelt, nicht zuletzt durch die eigentümerfreundliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und die steigende Anzahl vorgetäuschter Eigenbedarfskündigungen (MieterEcho Nr. 401/April 2019 und Nr. 404/August 2019). Den Hintergrund bilden die Marktanreize, die sich aus den enormen Preissteigerungen bei Erst-und Wiederverkäufen umgewandelter Wohnungen ergeben. Die Preisentwicklung lag in den letzten Jahren deutlich über der Entwicklung der Angebotsmieten, wodurch „über den Verkauf von Wohnungen höhere Renditen zu erzielen sind als mit dem Halten und der Vermietung der Wohnungen,“ stellt der letzte Monitoring-Bericht zur Umwandlungsverordnung treffend fest. Das an die Öffentlichkeit gelangte erste Arbeitspapier zum Mietendeckel, welches einen bezirklichen Vorbehalt bei Eigenbedarfskündigungen vorsah, konnte entsprechend optimistisch stimmen. In dem vorliegenden Gesetzesentwurf findet sich dazu kein Wort mehr (vgl. S.4).
Einsicht beim Grundbuchamt
Eine wegen Eigenbedarf gekündigte Mietpartei hat das Recht auf Einsicht in das Zentralregister des Grundbuchamts. Dies wurde im Urteil des Landgerichts Mannheim vom 22.01.1992, AZ 6 T 26/91, festgelegt. Wenn Sie nachschauen wollen, ob die Eigentümer noch mehr Wohnungen und Häuser besitzen, können Sie Einsicht verlangen oder unabhängig von Ihrer Meldeadresse die anderen Grundbuchämter in der Stadt aufsuchen, da Sie wegen einer Eigenbedarfskündigung ein berechtigtes Interesse haben.
Der Wohnungsmarkt liefert den Anreiz und immer mehr Mieter/innen befürchten eine Eigenbedarfskündigung
Artikel aus dem MieterEcho 405 /September 2019 von Hermann Werle
Große Immobilienkonzerne bestimmen mit ihren Geschäftspraktiken die Schlagzeilen. Zu Recht werden diese regelmäßig unter die Lupe genommen und scharf kritisiert. Jenseits des Rampenlichts agieren kleinere Wohnungsvermieter häufig unter dem Radar der öffentlichen Aufmerksamkeit, wobei deren Tun ebenso existenzielle Sorgen bereiten kann.
Zu den kleineren Vermietern gehören der Rechtsanwalt und CDU-Politiker Ernst Brenning, seine Frau Marion und deren Kinder. In die Schlagzeilen schafften es die Brennings unter anderem durch einen Neubau in der Kollwitzstraße 42. Der war 2009 zwar zunächst genehmigt worden, sollte nach jahrelangem Rechtsstreit und einem Urteil des Verwaltungsgerichts von 2016 aber wieder abgerissen werden. Im Frühjahr 2014 sorgte der Name Brenning durch die von massivem Gegenprotest begleitete Zwangsräumung einer fünfköpfigen Familie in der Reichenberger Straße 73 in Kreuzberg für Empörung. Schon 2010 waren in dem Haus mehrere Wohnungen mit der Begründung des Eigenbedarfs gekündigt worden und die Zwangsräumung stellte den vorläufigen Höhepunkt der Auseinandersetzungen mit dem Vermieter dar. Im Juli 2018 erhielt nun eine weitere Mietpartei eine Eigenbedarfskündigung und anschließende Räumungsklage, die Ende Oktober vor dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg verhandelt wird. Fragwürdig erscheint der Eigenbedarf der Familie Brenning angesichts der Erfahrungen der vergangenen Jahre. Nach Auskunft der Nachbarschaft haben in den bislang freigewordenen Wohnungen keine Familienangehörigen der Brennings dauerhaft gewohnt, wo es doch Möglichkeiten zur Genüge gegeben hätte.Überzeugend erscheint der Eigenbedarf auch nicht vor dem Hintergrund, dass der Familie Brenning laut Recherchen von Mieter/innen beim Grundbuchamt rund 30 Immobilien und Baugrundstücke allein in Berlin gehören. Es wäre doch sehr verwunderlich, wenn sich da nicht ab und an eine angemessene leerstehende Wohnung finden ließe. Und auch die vielfältigen geschäftlichen Tätigkeiten der Familienmitglieder deuten darauf hin, dass eher ein Mangel an Büro- als an Wohnfläche bestehen könnte. In der Hünefeldzeile 2 in Steglitz, wo sich der Sitz der Kanzlei von Ernst Brenning befindet, hatten und haben in den letzten Jahren eine Vielzahl von Unternehmen ihren Sitz, viele davon mit unmittelbarer Nähe zur Immobilienwirtschaft. So findet sich dort die Hausverwaltung Marion Brenning, die Blütenhof GmbH der Tochter, die CSE Distribution GmbH sowie die CSE Sales AG der Söhne Brennings Carl-Philipp und Johann-Christian. Letztere leiten zudem die ebenfalls zum Baugewerbe gehörende CSE Construction GmbH. Ginge es also um den Eigenbedarf an Büroflächen, wären etwaige Kündigungen zumindest nachvollziehbar, wenn auch rechtlich nicht haltbar.
Marktanreize
Eigenbedarfskündigungen haben sich zu einem der Hauptvehikel der Verdrängung entwickelt, nicht zuletzt durch die eigentümerfreundliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und die steigende Anzahl vorgetäuschter Eigenbedarfskündigungen (MieterEcho Nr. 401/April 2019 und Nr. 404/August 2019). Den Hintergrund bilden die Marktanreize, die sich aus den enormen Preissteigerungen bei Erst-und Wiederverkäufen umgewandelter Wohnungen ergeben. Die Preisentwicklung lag in den letzten Jahren deutlich über der Entwicklung der Angebotsmieten, wodurch „über den Verkauf von Wohnungen höhere Renditen zu erzielen sind als mit dem Halten und der Vermietung der Wohnungen,“ stellt der letzte Monitoring-Bericht zur Umwandlungsverordnung treffend fest. Das an die Öffentlichkeit gelangte erste Arbeitspapier zum Mietendeckel, welches einen bezirklichen Vorbehalt bei Eigenbedarfskündigungen vorsah, konnte entsprechend optimistisch stimmen. In dem vorliegenden Gesetzesentwurf findet sich dazu kein Wort mehr (vgl. S.4).
Einsicht beim Grundbuchamt
Eine wegen Eigenbedarf gekündigte Mietpartei hat das Recht auf Einsicht in das Zentralregister des Grundbuchamts. Dies wurde im Urteil des Landgerichts Mannheim vom 22.01.1992, AZ 6 T 26/91, festgelegt. Wenn Sie nachschauen wollen, ob die Eigentümer noch mehr Wohnungen und Häuser besitzen, können Sie Einsicht verlangen oder unabhängig von Ihrer Meldeadresse die anderen Grundbuchämter in der Stadt aufsuchen, da Sie wegen einer Eigenbedarfskündigung ein berechtigtes Interesse haben.