27.02.2024: Presseerklärung zu den Rodungen am U-Bahnhof Gneisenaustr. in Kreuzberg vom Bündnis Stadtnatur in K61 und der NaturFreunde Berlin

Die Baumfällungen waren ohne Freigabe durch die Naturschutzbehörde nicht legal.
Die anstehenden Strauchrodungen sind ohne ohne funktionale CEF-Maßnahmen nicht zulässig.
Erläuterung: CEF-Maßnahmen zur dauerhaften Sicherung der ökologischen Funktion (continuous ecological functionality).

Artenschutz vernachlässigt!
Wir sehen bei den stattgefundenen Baumrodungen (höhlenbewohnende Arten) und den noch vorzunehmenden Strauchrodungen Verstöße gegen §44 NBNatSchG (Erläuterung Anlage A 1, unten).

Angela Laich, Sprecherin des Bündnis Stadtnatur in K61 und Aktive der AG Artenschutz der NaturFreunde Berlin erklärt dazu: „Bei Baumassnahmen, die Rodungen in artenschutzrelevanten Strukturen notwendig machen, muss im Voraus ein faunistisches Gutachten erstellt werden. Darin muss nicht nur der Ausgleich vor Ort nach Beendigung der Baumaßnahme festgelegt werden, sondern auch sogenannte CEF-Maßnahmen zum Schutz der lokalen Singvogelpopulationen während der Bauphase. Der Erhaltungszustand der lokalen Populationen darf sich durch die Baumaßnahme nicht verschlechtern.“

Lothar Eberhardt vom Bündnis Stadtnatur in K61undVorstand der  Ortsgruppe NF FHXB  sagt:
“Für die Biodiversität und lokale Singvogelpopulationen sind Sträucher essentiell. Die Sträucher und Hecken entlang der Gneisenaustr. sind in den Planungsunterlagen nicht verzeichnet. Das ist planerisch unsauber (Anlage A 2 ) und verstösst gegen das Bundesnaturschutzgesetz.

Die Naturschutzbehörde gab auf unsere telefonische Nachfrage keine Information und verweist auf die Veröffentlichungen des Bauträgers, die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG).

Seit 2021 haben wir Kenntnis von geplanten umfangreichen Sanierungs- und Umbaumaßnahmen am U-Bahnhof Gneisenaustr. in Kreuzberg sowie damit im Zusammenhang erforderlichen Fällungen der Bäume.
Angekündigt in diesem Zusammenhang waren Informationsveranstaltungen seitens des Bauvorhabenträgers BVG.


Fotoquelle: Bündnis Stadtnatur K61 bzw. Naturfreunde Berlin

Informationen und Beteilung für Bürger:innen:
Der Verein mog61 e.V. (https://mog61.de) informierte uns am 18.02., dass am 12. Februar eine Informationsveranstaltung im Nachbarschaftshaus Urbanstrasse (NHU) stattfand. Dafür wurden angeblich 14.700 Flyer im Kiez verteilt. Kiezbewohner:innen berichteten, dass sie weder Flyer, Anschläge oder sonstige Informationshinweise in der Strasse, Hauseingängen oder den Briefkästen vorfanden. Es war nirgends plakatiert. Auf der Webseite des Bezirksamtes waren keine Hinweise zu finden.

Zur Veranstaltung kamen letztlich etwa 20 Leute, die meisten in Funktionen. Das Bezirksamt bzw. die Naturschutzbehörde waren nicht anwesend. Eine Bürgerbeteiligung fand nicht statt.

Entsprechend überraschend für Anwohner:innen und uns fanden die Fällungen der Bäume vergangene Woche von 17. bis 21.02.2025 statt.
Unter den auf der Webseite des Bezirksamtes angegebenen Telefonnummern der zuständigen Behörden war tagelang niemand erreichbar. Bis jemand erreicht wurde, fiel der letzte Baum.
Wir sehen bei den stattgefundenen Baumrodungen und den noch vorzunehmenden Strauchrodungen Verstöße gegen §44 NBNatSchG.

Artenschutz vernachlässigt
Bei Bäumen (Anlage B 1, unten ) und Strauchhabitaten dieser Größe und Alters ist bei Rodungen von artenschutzrechtlichen Konflikten auszugehen.

Bei den Recherchen zu den Baumaßnahmen fanden wir weder in den BVV-Protokollen noch auf den offiziellen Seiten des Bezirksamtes FHXB Hinweise auf faunistische Gutachten im Vorfeld der geplanten Rodungen der Bäume. Ein faunistisches Gutachten muss auch die Hecken und Strauchgehölze einbeziehen. Sie sind Bestandteil der Vegetaion des Untersuchungsgebietes.
Bei einem Baumalter von 80-120 Jahren bedeutet Rodung zum einen den Tod und Verlust klimarelevanter sehr großer Pflanzen, zum anderen den Verlust von Bruthöhlen von Meisenarten, Spechten, evtl. Baumläufern und Fledermausquartieren. Das sind Fällungen artenschutzrelevante Eingriffe.

Es fanden offensichtlich keine Kontrollen der Baumhöhlen vor den Fällungen statt. Eine Kartierung auf höhlenbewohnende Arten nach Methodenstandarts und Anbringung von Ersatznistkästen im Vorfeld der Rodungen sind uns nicht bekannt.
Dieses Versäumen geht hier zulasten des Bauvorhabensträgers, BVG.
Deren Veröffentlichungen enthalten keine Hinweise darauf, dass der Artenschutz in den Planungen berücksichtigt wurde.

Wie uns mittlerweile bekannt ist, wurde bei der Naturschutzbehörde Kreuzberg bis heute keine qualifizierte artenschutzrechtliche Begutachtung durch den Bauvorhabenträger eingereicht. Es gibt seitens der Naturschutzbehörde keine artenschutzrechtliche Genehmigung und Freigabe zur Fällung. Das Amt war nicht informiert über den von der BVG erteilten Fällauftrag und -termin.

Von Bauvorhabenträgern in Auftrag gegebene Artenschutzgutachten müssen fachlich und sachlich Mindestvoraussetzungen des gesetzlich vorgeschriebenen Artenschutzes erfüllen.
Die Baumfällungen waren ohne Freigabe durch die Naturschutzbehörde nicht legal.
Die anstehenden Strauchrodungen sind ohne ohne funktionale CEF-Maßnahmen nicht legal.

Dass bei einem Projekt mit so langer Planungszeit — durch Bundesmittel finanziert — der Artenschutz nicht berücksichtigt wird, ist ein weiteres skandalöses Beispiel für artenschutzrechtliche Verstöße an Berliner Baustellen.

Hier dürfen keine Strauchrodung stattfinden bis geeigente CEF-Massnahmen im räumlich- funktionalen Zusammenhang der Baustelle eingerichtet, funktional habitatfähig und von der zuständigen Naturschutzbehörde Kreuzberg abgenommen sind.

Wir fordern:
  • Stopp der weiteren Rodungen und Einkürzungen an Strauchgehölzen
  • sofortige Kompensation für die beschädigten Hecken unterhalb der gefällten Platanen
  • geeignetes CEF-Konzept und Fortsetzung der bauvorbereitenden Maßnahmen im Bereich der Vegetation erst nach Prüfung auf Funktionalität (Habitatfähigkeit) und Abnahme durch die Naturschutzbehörde
  • Nachbesserung des Pflanzplanes im Ausgleichkonzept durch Ausgleich auch für Strauchverluste unter Einbeziehung der AG Artenschutz der Berliner NaturFreunde.
Die zuständigen Verwaltungsstellen der Bauträger, Planer:innen, Naturschutzbehörde sind von uns angeschrieben worden, Artenschutzmaßnahmen umzusetzen. Wir baten um einen Vor-Ort-Termin.

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Lothar Eberhardt m.: 0176 420 32 610,Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! und Vorstand der Ortsgruppe FHXB der Berliner Naturfreunde


Anlagen:
A 1 Anschreiben vom 21.2.25 zum Artenschutzkonzept an das Bezirksamt
https://kurzlinks.de/m9uq
A 2 Baumaßnahme
https://kurzlinks.de/qfy0
B 1 gefährdete bzw. gefällte Bäume aus dem Baumkataster
https://kurzlinks.de/893j