Januar 2014 Offener Brief zum Gelände hinter dem Finanzamt Kreuzberg
Was passiert mit dem Areal hinter dem Finanzamt?
Offener Brief an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), den Kreuzberger Bezirksstadtrat und Leiter der Abteilung Planen, Bauen, Umwelt und Immobilien Hans Panhoff sowie den Staatssekretär der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Ephraim Gothe von der Stadtteilinitiative WEM GEHÖRT KREUZBERG.
Offener Brief: Für kommunalen und bezahlbaren Wohnraum auf dem Areal hinter dem Finanzamt!
Sehr geehrter Herr Panhoff, sehr geehrter Herr Gothe,
die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) hat im Jahr 2012 das als Gewerbegebiet ausgewiesene Areal hinter dem Finanzamt Kreuzberg meistbietend für ca. 21 Mio. € an den Investor ABR German Real Estate AG verkauft. Der aktuelle Verkehrswert des Areals beträgt nur ca. 9,6 Mio. €.
Angedacht war, den Bebauungsplan für das Areal zu ändern und dieses künftig als Mischgebiet mit 70% Wohnraum und 30% Gewerbe auszuweisen.Wenn die BVV dem zustimmen würde und der durch Altlasten verseuchte Boden entsorgt wäre, wäre das Gelände schätzungsweise 40 – 50 Mio. € wert.
Die ABR German Real Estate AG hatte für das Gelände hochpreisige Eigentumswohnungen, Genossenschaftsbauten und Neubau durch Baugruppen geplant, sowie „bezahlbare“ Wohnungen (Nettokaltmieten von 5,50 – 8 €). Diesen „bezahlbaren“ Wohnraum wollten die Investoren zum einen durcheine Querfinanzierung ermöglichen, was bedeutet hätte, dass entsprechend viel hochpreisige Wohnfläche hätte entstehen müssen! Außerdem wollten sie diesen „bezahlbaren Wohnraum“ durch öffentliche Fördergelder finanzieren.
Dass dafür am Ende die MieterInnen die Zeche zahlen, haben wir in Kreuzberg in den letzten Jahren massiv erlebt, u. a. am Tempelhofer Berg, am Kottbusser Tor und in der Düttmannsiedlung, wo sich nach Ablauf der Förderung die Mieten teilweise verdoppelt haben und viele MieterInnen Wohnung und Kiez verlassen mussten.
Die Spekulation sollte wieder einmal mit Steuergeldern gefördert werden!
Im Januar 2014 ist die ABR German Real Estate AG vom Kauf zurückgetreten. Es ist allerdings unklar, ob nicht hinter den Kulissen weiter verhandelt wird. Doch selbst wenn sich dieser Deal endgültig zerschlagen sollte, müssen wir davon ausgehen, dass ohne massiven Druck der Kreuzberger Bevölkerung, Pläne dieser Art weiter verfolgt werden!
Artikel 28 Abs. 1 der Berliner Verfassung besagt, dass jeder Mensch das Recht auf angemessenen Wohnraum hat.
Weiterhin sagt er:
Das Land fördert die Schaffung und Erhaltung von angemessenem Wohnraum, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen, sowie die Bildung von Wohnungseigentum."
Letzteres haben Senat und Bezirk in den vergangenen 10 Jahren hinreichend getan!
Denn auch in Kreuzberg wurde in den letzten 10 Jahren ausschließlich teurer Wohnraum für diejenigen geschaffen, die ihn sich leisten können – wie z.B. auf dem Schultheiss-Gelände am Kreuzberg, in der Wartenburgstraße (Gertraudenhospital), in der Grimmstraße (Krankenhaus am Urban, Psychiatrie), in der Fichtestraße (Gasometer), in der Reichenberger Straße (Car Loft), in der Großbeerenstraße ...
Weiterhin stehen viele Wohnungen und Häuser leer, wie die 80 Wohnungen in den Riehmers Hofgärten oder die 23 GSW-Häuser!
Weiterhin wird der Zweckentfremdung von Wohnraum als Ferienwohnungen nichts entgegengesetzt außer Worten!
Wir fordern Sie, Herr Gothe und Sie, Herr Panhoff, als Vertreter des Berliner Senats und des Bezirksamt Kreuzberg auf, nicht länger EIN Auge zu schließen, sondern endlich Ihre wohnungspolitische Verantwortung wahrzunehmen und den vollen Wortlaut des wohnungspolitischen Paragraphen der Berliner Verfassung umzusetzen!
Wir fordern die BImA auf, die Politik bei der Wahrnehmung ihrer Aufgabe, für kommunalen und bezahlbaren Wohnraum zu sorgen, zu unterstützen!
Wir fordern:
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Keine Verhandlungen mit der ABR German Real Estate AG oder ähnlichen Investoren!
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Sofortiger Stopp der Spekulation mit dem Gelände!
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Sofortiger Stopp spekulativer Verwertungsgeschäfte mit potenziellem Wohnraum in Zeiten der bundesweit angespannten Wohnungssituation durch eine bundeseigene Anstalt!
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Kauf des Geländes zum Verkehrswert von der BImA durch das Land Berlin!
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Moratorium und ein Entscheidungsfindungsprozess unter WIRKLICHER Bürgerbeteiligung!
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Die Schaffung kommunalisierten bezahlbaren Wohnraums für Menschen mit geringem Einkommen (Hartz IV, Grundsicherung, prekäre Mittelschicht, working poor) auf dem Gelände!
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Rücknahme der Kündigungen der Gewerbeverträge!
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Transparenz des Bezirks und des Landes Berlin bei geplanten Bauprojekten!
Die Lösung der Probleme auf dem Wohnungsmarkt privaten Investoren zu überlassen, bedeutet die Verschärfung der Probleme!
Stopp der Spekulation!
*Angesichts der Ereignisse auf dem Gelände hinter dem Finanzamt (ehemalige Kaserne des Dragoner-Regiments) im Januar 1919, zeugt die Namensgebung "Dragonerareal" von politischer Instinktlosigkeit. Am 11.1.1919 wurden dort 7 Parlamentäre der Besetzer des Vorwärts-Gebäudes, die das Gebäude mit weißer Fahne verlassen hatten um zu verhandeln, von den Dragoner-Soldaten grausam hingemetzelt. Nur weil der Volksbeauftragte für das Militär, Noske, den Befehl zur Erschießung der "restlichen" 300 Besetzer nicht schriftlich erteilen wollte, entgingen diese am Tag darauf der Massenhinrichtung auf demselben Gelände.