Geschichtlicher Abriss der Bockbrauerei
Die Brauerei wird erbaut — erstmals Bockbier aus Berlin
Nachdem der aus Bayern stammende Küfer und Bierbrauer Georg Leonard Hopf das Gelände des heutigen Branchen-Quartiers erworben hatte, begann 1838 die Errichtung einer Brauerei. Bereits ein Jahr später waren die Gebäude fertig gestellt. Im Frühjahr 1840 wurde hier das erste Bockbier, das je in Norddeutschland gebraut wurde, ausgeschenkt.
Das Bockbier erfreute sich bei den Berlinern von Anfang an einer großen Beliebtheit. Sie zogen in Massen vor die Stadt, um, zunächst an roh gezimmerten Tischen und Bänken, das untergärige Bier zu genießen. Aus diesen geselligen Zusammenkünftigen entwickelten sich schon bald Bockbierfeste, deren Tradition bis heute in ganz Deutschland fortlebt.
Ein Brand zerstörte 1842 den größten Teil der oberirdischen Gebäude, sodass sie ersetzt werden mussten.
Durch Erweiterungen des Geländes und mehrere Neu- und Umbauten wurden in den folgenden Jahrzehnten die Produktionskapazitäten erhöht und bessere gastronomische Voraussetzungen geschaffen.
1855 wurde von Handbetrieb auf Dampfbetrieb umgestellt, im folgenden Jahr der Ausschankgarten erheblich vergrößert und eine Restauration eingerichtet, deren Leitung ein Gastwirt übernahm.
Bockbier, Kultur und Politik
Nach 1885 hatte sich der einst primitive Ausschankgarten zu einem kleinen Vergnügungspark entwickelt — mit Saalbauten und Ausschankhalle, in denen weiterhin die Bockbierfeste gefeiert wurden, aber auch zahllose andere Veranstaltungen – Konzerte, Theateraufführungen und Boxkämpfe – stattfanden.
Neben den Vergnügungen wurden die Säle auch politisch genutzt. Insbesondere für die Berliner Arbeiterbewegung und die sich entwickelnde Sozialdemokratie war die Bockbrauerei ein wichtiger Versammlungsort. Bei einem Arbeiterfest anlässlich des aufgehobenen Sozialistengesetzes trat am 30. September 1890 im überfüllten großen Saal der Mitbegründer der deutschen Sozialdemokratie, August Bebel, als Redner auf.
Die Bebauung mit Mietshäusern am Nordrand des Brauereigrundstückes begann erst im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts. 1890 hatte die Straße 23 zu Ehren des Berliner Historikers und Stadtarchivars Carl Ernst Fidicin (1802 – 1883) den Namen Fidicinstraße erhalten, 1898 wurde die Straße 22 nach der Stadt Schwiebus in Schwiebusser Straße benannt.
1905 entstand nach Entwürfen der Architekten Lachmann und Zauber der Neubau der Schwankhalle — in der die Fässer zur Reinigung in Wasser geschwenkt wurden — mit Laderaum und Abziehkeller, dessen dem Betriebshof zugewandte Fassade bis heute das Schmuckstück des Fabrikgebäudeensembles darstellt.
Kriegsbedingter Rohstoffmangel und Niedergang
Der wirtschaftliche Niedergang der Bockbrauerei begann 1914 mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Rohstoffknappheit beeinträchtigte die Bierqualität, und im Saalgebäude wurde ein Reservelazarett eingerichtet, sodass Vergnügungen auf dem Ausschankgelände bis auf weiteres der Vergangenheit angehörten.
Nach mehreren Eigentümerwechseln gelangte der Betrieb 1920 zur Schultheiss-Patzenhofer Brauerei AG, der damals größten Brauerei in Deutschland. Im gleichen Jahr wurde die Bierproduktion der Bockbrauerei eingestellt, wohl überwiegend wegen des kriegsbedingten Rohstoffmangels.
Wandel zwischen den Weltkriegen
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges entwickelte sich das Gelände zum Wirtschaftsstandort, an dem sich verschiedenste Firmen ansiedelten, darunter mehrere Speditionen, eine Glasfabrik, mechanische und chemische Werkstätten, eine Bottich- und Fassfabrik und später eine Autowerkstatt. Viele der damals entstandenen Gebäude sind noch heute zu erkennen.
Im ehemaligen Ausschankgarten hingegen blühte das Vergnügungsleben wieder auf. Erneut gab es Konzerte, Tanzabende, Vereinsfeste und jetzt auch Sport-, Theater- und Filmveranstaltungen.
Zunehmend wurden die Säle auch wieder für politische Versammlungen von den unterschiedlichsten Organisationen angemietet. Oft kam es dabei zu Redeschlachten bis hin zu handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen SPD-, KPD- und NSDAP-Mitgliedern.
Nationalsozialismus, Krieg und Zerstörung
Spätestens ab 1933 nutzten die Nationalsozialisten sowohl das Produktions- als auch das Vergnügungsgelände häufig für politische und militärische Zwecke. Später wurde der Saal als Sammelstelle für den Arbeitsdienst genutzt und ab 1939 für Musterungen.
Offenbar wurde auf dem Fabrikgelände auch für militärische Zwecke produziert. Die Eingangsschächte der ehemaligen Lagerkeller sind mit Bunkerbeton ummantelt, und auch die Hofdecke über den Kellern ist mit Spezialbeton von besonderer Härte überspannt.
Im Zweiten Weltkrieg zerstörten 1944 Bombeneinschläge große Teile der Gebäudesubstanz, so auch das ehemalige Brauereigebäude an der Schwiebusser Straße, die ehemaligen Pferdeställe und das Saalgebäude an der Fidicinstraße.
Abriss, Neubau und Umbau nach 1945
Schon bald nach Ende des Zweiten Weltkrieges begann in den oberirdischen Teilruinen wieder eine Zwischennutzung durch Betriebe verschiedener Branchen.
1951 erfolgte der Abriss des Großteils der Ruinen. 1955 wurde das Grundstück geteilt und verkauft. Das frei geräumte ehemalige Saalbau- und Gartengelände erwarb das Bezirksamt Kreuzberg. Dort entstand 1959 das Richard-Weiß-Seniorenheim.
Das ehemalige Betriebsgelände der Bockbrauerei ging 1955 in den Besitz des Spediteurs Walter Mann über. Die Spedition Albert Mann, 1918 vom Vater Walter Manns gegründet, war in Berlin der Spezialist für Transporte von Wein- und Spirituosenfässern, die am Güterbahnhof Yorckstraße ankamen und hier in den ehemaligen Brauereikellern zwischengelagert wurden. Auch lagerte in den Gewölben eine Senatsreserve von über 50.000 Litern Wein und Spirituosen.
Bis 1958 veranlasste Walter Mann eine Reihe von Baumaßnahmen. Teile des ehemaligen Pferdestalls wurden wieder zu Garagen umgebaut, und auf dem Grundriss des abgetragenen ehemaligen Brauereigebäudes entstand der Neubau einer Lagerhalle. Westlich davon wurde ein ebenerdiges Bürogebäude errichtet.
1959 musste der zum ehemaligen Schwankhaus gehörige und noch in Benutzung befindliche Schornstein um vier Meter verkürzt werden, da die United States Air Force um die Flugsicherheit in der Nähe des Flughafens Tempelhof fürchtete.
Bis 1960 wurde nach und nach der Wiederaufbau weiterer Gebäudeteile für neue Nutzer vorangetrieben. Erneut zogen zahlreiche Betriebe ein, darunter die Weinbrennerei und Likörfabrik Stück AG, die Papiergroßhandlung Johannes Klant, eine Rösterei mit Auslieferungslager von Jacobs Kaffee, die Likörfabrik Fugger, der Autoteile-Zulieferer Eberspächer und für einige Jahre die Weingroßhandlung Habel, bei der der Firmengründer der Bockbrauerei, Georg Leonard Hopf, im vorvergangenen Jahrhundert einst angestellt war und sein Lebenswerk begonnen hatte.
Sanierung und Modernisierung
In den Jahren 1990 bis 2013 wurde das Gelände, von Hannelore Kasten-Mann, Werner Kasten und Dirk Christopher Kasten umfassend schrittweise saniert und modernisiert.
So entstand im Zentrum Berlins ein lebendiges, im ständigen Wandel begriffenes, Abbild unseres modernen Berliner Wirtschafts- und Kulturlebens.
Das Herz des Grundstücks, das sogenannte Schwankhaus, das bis heute von vielen Branchen genutzt wird, wird zukünftig durch Neubauten ergänzt.
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Die Brauerei wird erbaut — erstmals Bockbier aus Berlin
Nachdem der aus Bayern stammende Küfer und Bierbrauer Georg Leonard Hopf das Gelände des heutigen Branchen-Quartiers erworben hatte, begann 1838 die Errichtung einer Brauerei. Bereits ein Jahr später waren die Gebäude fertig gestellt. Im Frühjahr 1840 wurde hier das erste Bockbier, das je in Norddeutschland gebraut wurde, ausgeschenkt.
Das Bockbier erfreute sich bei den Berlinern von Anfang an einer großen Beliebtheit. Sie zogen in Massen vor die Stadt, um, zunächst an roh gezimmerten Tischen und Bänken, das untergärige Bier zu genießen. Aus diesen geselligen Zusammenkünftigen entwickelten sich schon bald Bockbierfeste, deren Tradition bis heute in ganz Deutschland fortlebt.
Ein Brand zerstörte 1842 den größten Teil der oberirdischen Gebäude, sodass sie ersetzt werden mussten.
Durch Erweiterungen des Geländes und mehrere Neu- und Umbauten wurden in den folgenden Jahrzehnten die Produktionskapazitäten erhöht und bessere gastronomische Voraussetzungen geschaffen.
1855 wurde von Handbetrieb auf Dampfbetrieb umgestellt, im folgenden Jahr der Ausschankgarten erheblich vergrößert und eine Restauration eingerichtet, deren Leitung ein Gastwirt übernahm.
Bockbier, Kultur und Politik
Nach 1885 hatte sich der einst primitive Ausschankgarten zu einem kleinen Vergnügungspark entwickelt — mit Saalbauten und Ausschankhalle, in denen weiterhin die Bockbierfeste gefeiert wurden, aber auch zahllose andere Veranstaltungen – Konzerte, Theateraufführungen und Boxkämpfe – stattfanden.
Neben den Vergnügungen wurden die Säle auch politisch genutzt. Insbesondere für die Berliner Arbeiterbewegung und die sich entwickelnde Sozialdemokratie war die Bockbrauerei ein wichtiger Versammlungsort. Bei einem Arbeiterfest anlässlich des aufgehobenen Sozialistengesetzes trat am 30. September 1890 im überfüllten großen Saal der Mitbegründer der deutschen Sozialdemokratie, August Bebel, als Redner auf.
Die Bebauung mit Mietshäusern am Nordrand des Brauereigrundstückes begann erst im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts. 1890 hatte die Straße 23 zu Ehren des Berliner Historikers und Stadtarchivars Carl Ernst Fidicin (1802 – 1883) den Namen Fidicinstraße erhalten, 1898 wurde die Straße 22 nach der Stadt Schwiebus in Schwiebusser Straße benannt.
1905 entstand nach Entwürfen der Architekten Lachmann und Zauber der Neubau der Schwankhalle — in der die Fässer zur Reinigung in Wasser geschwenkt wurden — mit Laderaum und Abziehkeller, dessen dem Betriebshof zugewandte Fassade bis heute das Schmuckstück des Fabrikgebäudeensembles darstellt.
Kriegsbedingter Rohstoffmangel und Niedergang
Der wirtschaftliche Niedergang der Bockbrauerei begann 1914 mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Rohstoffknappheit beeinträchtigte die Bierqualität, und im Saalgebäude wurde ein Reservelazarett eingerichtet, sodass Vergnügungen auf dem Ausschankgelände bis auf weiteres der Vergangenheit angehörten.
Nach mehreren Eigentümerwechseln gelangte der Betrieb 1920 zur Schultheiss-Patzenhofer Brauerei AG, der damals größten Brauerei in Deutschland. Im gleichen Jahr wurde die Bierproduktion der Bockbrauerei eingestellt, wohl überwiegend wegen des kriegsbedingten Rohstoffmangels.
Wandel zwischen den Weltkriegen
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges entwickelte sich das Gelände zum Wirtschaftsstandort, an dem sich verschiedenste Firmen ansiedelten, darunter mehrere Speditionen, eine Glasfabrik, mechanische und chemische Werkstätten, eine Bottich- und Fassfabrik und später eine Autowerkstatt. Viele der damals entstandenen Gebäude sind noch heute zu erkennen.
Im ehemaligen Ausschankgarten hingegen blühte das Vergnügungsleben wieder auf. Erneut gab es Konzerte, Tanzabende, Vereinsfeste und jetzt auch Sport-, Theater- und Filmveranstaltungen.
Zunehmend wurden die Säle auch wieder für politische Versammlungen von den unterschiedlichsten Organisationen angemietet. Oft kam es dabei zu Redeschlachten bis hin zu handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen SPD-, KPD- und NSDAP-Mitgliedern.
Nationalsozialismus, Krieg und Zerstörung
Spätestens ab 1933 nutzten die Nationalsozialisten sowohl das Produktions- als auch das Vergnügungsgelände häufig für politische und militärische Zwecke. Später wurde der Saal als Sammelstelle für den Arbeitsdienst genutzt und ab 1939 für Musterungen.
Offenbar wurde auf dem Fabrikgelände auch für militärische Zwecke produziert. Die Eingangsschächte der ehemaligen Lagerkeller sind mit Bunkerbeton ummantelt, und auch die Hofdecke über den Kellern ist mit Spezialbeton von besonderer Härte überspannt.
Im Zweiten Weltkrieg zerstörten 1944 Bombeneinschläge große Teile der Gebäudesubstanz, so auch das ehemalige Brauereigebäude an der Schwiebusser Straße, die ehemaligen Pferdeställe und das Saalgebäude an der Fidicinstraße.
Abriss, Neubau und Umbau nach 1945
Schon bald nach Ende des Zweiten Weltkrieges begann in den oberirdischen Teilruinen wieder eine Zwischennutzung durch Betriebe verschiedener Branchen.
1951 erfolgte der Abriss des Großteils der Ruinen. 1955 wurde das Grundstück geteilt und verkauft. Das frei geräumte ehemalige Saalbau- und Gartengelände erwarb das Bezirksamt Kreuzberg. Dort entstand 1959 das Richard-Weiß-Seniorenheim.
Das ehemalige Betriebsgelände der Bockbrauerei ging 1955 in den Besitz des Spediteurs Walter Mann über. Die Spedition Albert Mann, 1918 vom Vater Walter Manns gegründet, war in Berlin der Spezialist für Transporte von Wein- und Spirituosenfässern, die am Güterbahnhof Yorckstraße ankamen und hier in den ehemaligen Brauereikellern zwischengelagert wurden. Auch lagerte in den Gewölben eine Senatsreserve von über 50.000 Litern Wein und Spirituosen.
Bis 1958 veranlasste Walter Mann eine Reihe von Baumaßnahmen. Teile des ehemaligen Pferdestalls wurden wieder zu Garagen umgebaut, und auf dem Grundriss des abgetragenen ehemaligen Brauereigebäudes entstand der Neubau einer Lagerhalle. Westlich davon wurde ein ebenerdiges Bürogebäude errichtet.
1959 musste der zum ehemaligen Schwankhaus gehörige und noch in Benutzung befindliche Schornstein um vier Meter verkürzt werden, da die United States Air Force um die Flugsicherheit in der Nähe des Flughafens Tempelhof fürchtete.
Bis 1960 wurde nach und nach der Wiederaufbau weiterer Gebäudeteile für neue Nutzer vorangetrieben. Erneut zogen zahlreiche Betriebe ein, darunter die Weinbrennerei und Likörfabrik Stück AG, die Papiergroßhandlung Johannes Klant, eine Rösterei mit Auslieferungslager von Jacobs Kaffee, die Likörfabrik Fugger, der Autoteile-Zulieferer Eberspächer und für einige Jahre die Weingroßhandlung Habel, bei der der Firmengründer der Bockbrauerei, Georg Leonard Hopf, im vorvergangenen Jahrhundert einst angestellt war und sein Lebenswerk begonnen hatte.
Sanierung und Modernisierung
In den Jahren 1990 bis 2013 wurde das Gelände, von Hannelore Kasten-Mann, Werner Kasten und Dirk Christopher Kasten umfassend schrittweise saniert und modernisiert.
So entstand im Zentrum Berlins ein lebendiges, im ständigen Wandel begriffenes, Abbild unseres modernen Berliner Wirtschafts- und Kulturlebens.
Das Herz des Grundstücks, das sogenannte Schwankhaus, das bis heute von vielen Branchen genutzt wird, wird zukünftig durch Neubauten ergänzt.
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